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Interview mit Mountain (05.10.2016)

Mountain

Eine MOUNTAIN-Besteigung mit Gipfelstürmer Philipp Otte

MOUNTAIN haben mit ihrem Debüt-Album „Evolve“ ein starkes, feinfühliges Stück Post-Rock veröffentlicht, gleichermaßen durchdacht wie ästhetisch. Im Interview spricht Bandhäuptling Philipp Otte unter Anderem über verfaulende Maschinen, spanische Maler, österreichische Berge,  eine kanadische Band, Tour-Pläne und was er um drei Uhr morgens so treibt.


Hallo Philipp! Danke erstmal, dass Du Dir Zeit für ein paar Fragen nimmst. „Evolve“ hat mir wirklich gefallen, im Nachhinein glaube ich, dass ich es zu streng bewertet habe. Es ist immer etwas Anderes, sich auf Details zu konzentrieren, als das große Ganze auf sich wirken zu lassen. Wie ist das bei Euch? Legt Ihr viel Wert auf die detaillierte Komposition eurer Songs, oder geht es mehr darum, eine bestimmte Atmosphäre zu schaffen?

Hallo! Selbstverständlich, immer gerne! Nun, grundsätzlich bin ich auch eher ein Freund vom "Wirken-lassen", wobei man das in unserer schnelllebigen Zeit von niemanden mehr erwarten kann/darf. Danke aber vielmals, dass Du Dir anscheinend doch noch die Zeit genommen hast, um dich damit mehr auseinander zu setzen! 

Ich würde sagen bei uns ist es eine 50/50 Angelegenheit. Wir lieben Details und sind immer darauf bedacht, genau zu spielen etc., allerdings soll das Ganze auch nicht zu "steril" werden, weil sonst die Atmosphäre leiden würde, also räumen wir der auch so viel Platz wie möglich ein! 

 

Euer Album als CD in Händen zu halten ist wirklich etwas ganz Besonderes. Das aufwändige Artwork hat der Maler Andi "StillaKid" Rensen Aguion entworfen – wie kam es dazu und war Euch von Anfang an klar, dass das Artwork einen so wichtigen Bestandteil des großen Ganzen einnehmen würde?

Der Moment, die CD das erste Mal in den Händen zu halten, war tatsächlich etwas ganz Besonderes für mich, die Reise die ich vor etwa drei Jahren mit dem Album angegangen bin, wurde länger, anstrengender, aber auch viel schöner als ich damals dachte. Als ich mit dem Schreiben und Aufnehmen der "Demos" (damals waren es ja an sich schon die fertigen Lieder) zu 80% durch war, stieß ich über eine Freundin auf Andi. Als alter Comicfan hab ich mich sofort in seine Arbeiten verliebt. Seine Mischung aus kindlicher Verspieltheit, düsteren Themen und seiner offenkundigen "Film-Nerdigkeit" hat bis zum heutigen Tag eine besondere Wirkung auf mich. Ich schrieb ihm einfach und fragte, ob er Zeit/Lust hätte mit mir zu arbeiten. Bis dato hatte ich noch nie mit einem Künstler in dieser Form zusammengearbeitet, aber ich meine doch zu glauben, dass wir das gut hinbekommen haben. Andi ist mir in vielen Bereichen sehr ähnlich und wurde für mich auch zu einer extrem wichtigen Person in dem ganzen MOUNTAIN-Prozess. Das sind natürlich die unglaublich tollen Bilder, die er quasi direkt aus meinem Kopf rausgezeichnet zu haben scheint, seine Unterstützung was die Musik selber angeht (Er ist immer mein erster Testhörer für Demos und Verrücktheiten) oder auch unsere Film-Nerd-Ausschweifungen. Der ist schon was ganz Besonderes und ich würde JEDEM ans Herz legen, sich seine Arbeiten genauer anzuschauen! 

Was das Artwork und die Zusammenführung mit der Musik angeht: Ja, es war von Anfang an klar, dass es Hand in Hand gehen muss/sollte! Ich war schon immer ein sehr visueller Mensch, sprich, viele Einflüsse kommen durch Filme oder Bilder, darum habe ich immer schon Videos geschnitten, um die Musik zu untermalen. 

 

Auf dem Cover von „Evolve“ ist ein Mann zu sehen, der gleichzeitig von Natur und Maschinen vereinnahmt, aufgefressen wird. Eine zugleich erschreckende und faszinierende Vorstellung. Aber sind es nicht oft eher Mensch und Maschine, die über die Natur herfallen?

Interessant, dass Du es siehst, als würde er aufgefressen werden; auch eine Perspektive, die ich so noch nicht hatte. Natürlich bekommt man den Eindruck, dass Mensch und Maschine über die Natur herfallen, wenn man Nachrichten beobachtet und sieht, was der Welt angetan wird. Allerdings sehe ich das etwas anders: Die Natur selbst existiert seit Anbeginn der Zeit, der Mensch wie auch die Maschinen erst seit einer sehr kurzen Periode. Egal, ob ein Mensch stirbt oder eine Maschine nicht mehr benutzt wird und irgendwo verfault, am Ende wird alles wieder eins mit der Natur und so sehr sich der Mensch anscheinend Mühe gibt, die Natur zu zerstören, die Welt selbst wird all das überleben. Wir nur höchstwahrscheinlich nicht. 

 

Ist es Euch als Instrumental-Band wichtig, über die Musik hinaus eine Botschaft bzw. Geschichte zu vermitteln?

In meinem/unserem Fall geht es eher um Geschichten als um Botschaften. Allerdings, viele Geschichten enthalten am Ende auch eine versteckte Botschaft, ich bin mir also nicht ganz sicher, ob das eine das andere ausschließt. Aber Grundsätzlich, ja, mir geht es vor allem ums Geschichtenerzählen! 

 

Gerade von skandinavischen Künstlern hört man immer wieder, dass die (ungezähmte) Natur ihres Landes eine große Inspirationsquelle für sie darstellt. Österreich ist zwar nicht ganz so dünn besiedelt wie beispielsweise Norwegen, aber an beeindruckenden Landschaftsbildern mangelt es sicher nicht. Ist Deine Umgebung wichtig für Dich, prägt sie Deine Musik?

Nun, im Endeffekt entstand die Idee von "MOUNTAIN" nur, weil ich in meiner alten 28 Quadratmeter-Wohnung eine mega Fensterfront hatte, welche mir den Blick genau auf unsere Hausberge schenkte. Immer wenn ich also Musik machte, konnte ich die Berge beobachten, sie waren quasi meine erste Inspiration: "Wie klingt ein Berg? Wie klingt das Gefühl, an einem Berg hinauf oder hinab zu schauen? Was denkt ein Berg?" 

Später versuchte ich noch andere Landschaftsaufnahmen zu vertonen – Gewässer, Wälder, Dörfer, alles wurde zur Inspiration. Also ja, die Landschaft prägte die Musik!   

Ist Musik für Dich eine spirituelle Erfahrung?

Definiere „spirituell“. Wenn man damit etwas Religiöses verbindet, dann nein, auf keinen Fall. Wenn man es aber eher im Sinne von "seelischem Gleichgewicht" oder "wahres Glück erfahren" sieht, dann ja, absolut! Für mich gibt es nichts, was mich mehr "abschalten" lässt, als das Spielen.

 

MOUNTAIN war ja zuerst Dein Soloprojekt – kannst Du kurz erzählen, wie und warum daraus eine vollständige Band wurde?

Eigentlich tatsächlich "so richtig" durch meine damalige Freundin. Sie hat wohl gemerkt, dass ich ohne Band unglücklich war (ich habe vorher knapp acht Jahre in einer Band gespielt, welche wir leider auflösen mussten, weil die Jungs überall verstreut zu Arbeiten anfingen) und Sie war davon überzeugt, dass meine eigene Musik auch im Bandkontext funktionieren kann. Sie war es dann im Endeffekt auch, die mich mit Dominic dem Schlagzeuger und Christian dem Klavierspieler in Kontakt brachte. 

 

Auf Eurem YouTube-Kanal finden sich unter Anderem ältere Versionen von Liedern auf „Evolve“. Sind die noch aus den Solo-Zeiten? 


Hach, das erinnert mich daran, dass ich da auch mal aufräumen muss. Tatsächlich sind die meisten Videos auf dem YouTube-Kanal noch aus meiner Solozeit, ich bring es nicht übers Herz sie auf „privat“ zu schalten.

 

Arbeitet Ihr jetzt als Band auch zusammen an neuen Songs, oder sind das mehr Ausgeburten des „stillen Kämmerleins“?

Nun, ich möchte es an sich schon so beibehalten, dass ich die Ausgeburten des stillen Kämmerleins in Demoform auf den Tisch bringe und die Jungs dann wieder ihre eigene Note einbringen. So will ich sicher gehen, dass die Vision und Richtung behalten wird. Jeder von uns hat noch andere Projekte, wo er sich nach Herzenslust ausleben kann, MOUNTAIN soll ein Konzept behalten. 

 

Auf Eurer Homepage wird GODSPEED YOU! BLACK EMPEROR zitiert. Sind die musikalisch und/oder inhaltlich ein Vorbild für Dich?

GODSPEED YOU! sind mehr Einfluss für mich, als man vielleicht meinen mag, wenn man sich unsere Musik anhört. Für mich eine der besten Bands aller Zeiten und das nicht nur von der Musik her. 


Im Juli habt ihr als Vorband für GOD IS AN ASTRONAUT gespielt. Ist jetzt, da das Album raus ist, eine größere Tour geplant?

Das mit GOD IS AN ASTRONAUT war schon ein Ding, mein lieber Scholli. Hat auf jeden Fall Bock auf mehr gemacht! 

Wir planen für unser Vinyl-Release im Februar eine kleine Deutschland-Tour, nächstes Jahr wollen wir es noch etwas weiter raus schaffen. Für mich ein großes Ziel wäre Frankreich, weil ich furchtbar gerne mit HEKLA zusammen spielen würde, ein großartiger Künstler!

 

Gibt es schon Ideen für ein zweites Album?

Ich wache immer wieder um drei Uhr morgens auf und setze mich zum Aufnehmen und Spielen hin, also ja, die Ideen weben sich gerade immer dichter zusammen! Eine spannende Zeit, wenn alles anfängt zu greifen. Nicht mehr lange, dann werden wir die Umsetzung der Demos im Bandkontext angehen, darauf freue ich mich schon besonders und dann natürlich wieder die Arbeit am Artwork, wo ich unter allen Umständen wieder Andi ins Boot holen will! 

Danke für Deine Zeit, ich hoffe, Ihr spielt mal in der Nähe von München, das würde ich mir nicht entgehen lassen!

Tobias Jehle (Info)
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